Zwischen Selbstausbeutung und kulturellem Höhenflug – Ehrenamtliche stemmen 80 Prozent der Festivals
Update: 2025-09-09
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„Musikfestivals sind Orte für etwas Besonderes“
In Deutschland finden jedes Jahr rund 1.800 Musikfestivals statt, mehr als die Hälfte davon im ländlichen Raum. „Musikfestivals sind Orte für etwas Besonderes“, sagt Stephan Schulmeistrat, Leiter des Deutschen Musikinformationszentrums und Auftraggeber einer neuen Studie zur Festivallandschaft.
„Wir beobachten, dass Festivals genre-offener fungieren als allgemein angenommen.“ So integrieren über die Hälfte der Klassikfestivals Jazz- und Pop-Elemente, während umgekehrt acht Prozent der Pop-Festivals klassische Musik aufnehmen.
Nachhaltigkeit im Fokus
Die neue Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt, dass 85 Prozent der Festivals Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit ergreifen. „Es wird sehr stark daran gearbeitet, die Mobilität des Publikums zu verbessern und Abfall zu vermeiden“, erklärt Schulmeistrat.
Allerdings hätten Klassikfestivals hier Nachholbedarf, während Popularmusikfestivals bereits weiter seien.
Wirtschaftliche Bedeutung und Hürden
Festivals tragen jährlich über eine halbe Milliarde Euro zur Wirtschaft bei, doch 30 Prozent arbeiten defizitär. „82 Prozent der Festivals sagen, dass die Finanzierung die größte Herausforderung ist“, so Schulmeistrat.
Steigende Kosten für Honorare, Technik und Personal belasten die Veranstalter, während Ticketpreise kaum weiter erhöht werden können. Am Ende gehe es für viele Veranstalter und Ehrenamtler um den ideellen Wert ihres Festivals.
Ehrenamt als Rückgrat
Besonders wichtig ist die Rolle des freiwilligen Engagements. „Ohne Ehrenamt gäbe es viele dieser Formate gar nicht“, betont Schulmeistrat. Fast 80 Prozent der Festivals greifen auf ehrenamtliche Unterstützung zurück, was ihre regionale Verankerung stärkt.
Blick in die Zukunft
Trotz finanzieller Probleme bleibt die Branche zuversichtlich. „Von einem Festivalsterben pauschal würde ich nicht sprechen“, stellt Schulmeistrat klar. Zwar berichten 24 Prozent von sinkender Auslastung, doch 68 Prozent der Festivals sehen optimistisch in die kommenden Jahre.
Die Auftraggeber der Studie, die Initiative Musik, die Bundesstiftung Livekultur und das Deutsche Musikinformationszentrum, erhoffen sich von diesen neuen Erkenntnissen, dass in der politischen Diskussion um die Kulturförderung wieder mehr Bewegung entsteht.
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